Banksy: weltbekannter Street-Art-Künstler, Meister der Anonymität und Vorreiter der subversiven Kunstbewegung. Banksy, dessen Identität bis heute ein wohlgehütetes Geheimnis bleibt, ist bekannt für seine provokanten und sozialkritischen Werke, die oft politische Botschaften vermitteln. Seine Kunstwerke erscheinen meist auf öffentlichen Gebäuden oder Mauern und sind durch einen einzigartigen Stil und eine starke Aussagekraft gekennzeichnet.
Die Ausstellung „The Mystery of Banksy – A Genius Mind“ im aufhof, einem ehemaligen Kaufhaus im Herzen Hannovers, fasziniert mit ihrer immersiven Gestaltung, die den urbanen Charakter von Banksys Werken gelungen widerspiegelt. Gezeigt werden nicht nur Banksys Werke, sondern auch nachgebildete Räume und Orte, wie das politisch aufgeladene „Walled Off Hotel“ in Bethlehem. Videos und Repliken bringen Banksys kritische Botschaften zur Geltung. Doch trotz der gelungenen visuellen und inhaltlichen Wirkung, wirft die Ausstellung auch Fragen auf: Sind diese Reproduktionen noch Kunst oder nur Kommerz? Ist es legitim, Banksys Werke ohne seine Einwilligung zu zeigen?

Graffiti-Sprühflaschen, Ziegelsteine, Müll
ie Ausstellung befindet sich im dritten Stock des aufhofs, eines ehemaligen Kaufhauses, in der Innenstadt Hannovers. Sobald man das dritte Stockwerk – ja, sogar den Aufzug – erreicht, erblickt man die ersten „Kritzeleien“. Hier wird direkt der immersive Charakter der Ausstellung deutlich. Das erste benannte Werk Banksys befindet sich direkt vor dem Eingang zur eigentlichen Ausstellung: „Hula-Hoop Girl“. Mit Straßenschild und kaputtem Fahrrad im Vordergrund sieht man das bekannte Street-Art-Werk an einer Backstein-Wand. Das Mädchen mit dem Hula-Hoop-Reifen ist 2008 in den Straßen von New Orleans, Louisiana, USA, entstanden.
Das Konzept der Immersion und Inszenierung zieht sich durch die gesamte Ausstellung. Die Macher:innen verstehen offenbar, dass ein Großteil der Wirkung der Werke darauf basiert, dass Banksy sehr situativ arbeitet. Auf dem Boden, an Wänden und auf Treppen platziert, leben seine Kunstwerke vom Kontext. Scheinbar wahllos, aber eigentlich stets gut durchdacht, erscheinen Banksys Motive immer wieder im öffentlichen Raum und dort, wo man sie am wenigsten erwartet. Auf aufwendige und gut gelungene Art und Weise wird dies in der Ausstellung rekreiert. Graffiti-Sprühflaschen, Ziegelsteine und Müll zieren die Wege zu den Werken oder liegen vor ihnen auf dem Boden. Die Texte sind von gestreiftem Absperrband umrahmt. Die Untergründe vieler Werke bestehen aus Ziegelstein, Beton oder Gips. Auf diese Weise gelingt es der Ausstellung gestalterisch, die Besuchenden fühlen zu lassen, sie seien auf den Straßen Londons, Venedigs oder Hamburgs unterwegs.

„The worst view of any hotel in the world” (Banksy)
Ein weiteres gelungenes gestalterisches Merkmal der Ausstellung sind die nachgebauten Räume und Orte, wie das „Walled Off Hotel“, das in Bethlehem steht und den Anfang der Ausstellung bildet. Das einzigartige Kunstprojekt wurde im Jahr 2017 eröffnet und ist eine Mischung aus Kunstinstallation, politischer Botschaft und Luxusunterkunft. Der Name „Walled Off“ bezieht sich auf die berühmte israelische Sperrmauer, die die Stadt Bethlehem umgibt und ein Symbol für die politischen Spannungen und Konflikte in der Region ist.
Das Hotel selbst befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Mauer, und viele der Zimmer bieten einen direkten Blick auf sie. In der Ausstellung sind einige der Zimmer nachgebaut. So muss nicht jede:r nach Bethlehem reisen, um, wie Banksy es selbst bezeichnete, „the worst view of any hotel in the world” sehen zu können.

Neben Graffiti, Drucken, Fotografien und Skulpturen bietet die Ausstellung auch Videoinstallationen. „Devolved Parliament“, ein erstmals im Jahr 2009 vorgestelltes Gemälde, zeigt eine Parlamentssitzung im britischen Unterhaus, bei der alle Mitglieder Affen sind. Die Affen als Vertreter:innen der politischen Klasse werden als Anspielung auf die oft chaotische und egoistische Natur der Politik interpretiert. Banksy kritisiert mit diesem Werk nicht nur das politische System, sondern wirft auch Fragen nach der Ernsthaftigkeit und dem Verantwortungsbewusstsein der Politiker:innen auf.
Das Bild gewann besondere Aufmerksamkeit und Relevanz, als es im Oktober 2019, kurz vor dem ursprünglich geplanten Brexit-Datum, in einer Auktion für einen Rekordpreis versteigert wurde. Aufgearbeitet als Videoinstallation mit Audio, bei der einzelne Teile des Gemäldes abwechselnd aufleuchten, hat das Kunstwerk im abgedunkelten Raum eine große Wirkmacht.

„Mind the Gap“
Ein weiteres Highlight-Element, welches allein wegen der Größe und Liebe zum Detail viel Aufmerksamkeit erregt, ist eine Nachbildung des von Banksy umgestalteten Londoner U-Bahn Waggons. Dieser diente 2020 als Leinwand für Banksys Botschaften zum Umgang mit der Corona-Pandemie. Zu erkennen ist ein Spruch „I get Lockdown“. Wenn die Türen der Bahn sich schließen, sieht man ein hoffnungsvolles „But I get up again“. Auch eine Nachbildung des Badezimmers, in dem die für Banksy typischen Ratten ihr Unwesen treiben, ist in der Ausstellung zu finden.

Was gibt’s Besseres als einen Zeitstrahl?
Generell bietet die Ausstellung einen kohärenten Überblick. Ein roter Faden ist durchaus erkennbar: Im ersten Teil der Ausstellung wird über Banksy, seinen Werdegang und sein Schaffen informiert. In den darauffolgenden Räumen werden unterschiedliche Werke und Projekte des Künstlers auf immersive und inszenierende Art und Weise präsentiert. Dies wird vor allem mithilfe eines Zeitstrahls im Stil einer Collage in einer der ersten Räume unterstützt. Angefangen mit Banksys erstem bekannten Wandbild „The Mild Mild West“ werden Abbildungen seiner Werke mithilfe eines kurzen Textes chronologisch dargestellt und erläutert. Das bietet als Einstieg eine gute Übersicht.

Kunst oder Kommerz?
Obwohl die Ausstellung besonders gestalterisch überzeugt, wirft sie dennoch einige Grundsatzfragen auf und ist durchaus kritisch zu betrachten. Innerhalb der Ausstellung befinden sich über 150 Motive auf verschiedenen Materialien wie Plexiglas, Aluminium, Leinwand und Stoff. Doch keins davon ist ein Original. Stattdessen handelt es sich um eigens für die Ausstellung reproduzierte Werke, die von anonymen Künstler:innen stammen.
Ist das überhaupt noch eine Kunstausstellung? Fehlt nicht die Aura des Authentischen? Geht es hier um Kunst oder doch eher Show und Geld? Das sind nur einige der Fragen, die ich mir gestellt habe. Fest steht auf jeden Fall, dass es sich bei „The Mystery of Banksy – A Genius Mind“ um eine kommerzielle Unternehmung handelt.
Schon der Werbespruch auf der Homepage lässt dies anmuten: „Die Blockbuster-Ausstellung über den Street-Art-Superstar Banksy“. Von der Firma Cofo Entertainment aus Passau entwickelt, wandert die Ausstellung schon seit Anfang 2021 durch Deutschland und Österreich. Nach eigenen Aussagen wurden bereits über zwei Millionen Eintrittskarten verkauft.
Mich erinnert die Ausstellung an „Monets Garten“ oder „Inside Van Gogh“. Diese umstrittenen Multimedia-Ausstellungen werben damit, den Besuchenden Kunst auf modernste Art und Weise nahezubringen. Mithilfe von Lichtinstallationen, 360-Grad-Projektionen und interaktiven VR-Stationen wird der Besuch zum immersiven Erlebnis. Viele dieser Ausstellungen kommen mittlerweile ganz ohne Originalkunstwerke aus.
Aber ein ganz so großes Spektakel wie „Monets Garten“ ist „The Mystery of Banksy – A Genius Mind“ dann auch wieder nicht. Viele der Räume erinnern noch an eine Kunstausstellung, wie man sie im klassischen Sinne kennt. Auch die Fülle an Texten lassen den informativen Charakter der Ausstellung mehr in den Vordergrund rücken.
Trotzdem lässt mich beim Gang durch die Ausstellung das mulmige Gefühl nicht los, mich inmitten eines lukrativen Geschäftsmodells zu befinden. Angefangen bei den recht teuren Tickets, die vorab auf Eventim.de gekauft werden müssen, bis hin zum überdurchschnittlich großen „Museumsshop“ am Ausgang, scheint es so, als läge mindestens genauso viel Wert auf Profitmaximierung wie auf der eigentlichen Kunstvermittlung.

Kunst für Alle?
„Wir wollen Kunst zum Erlebnis machen, für jedermann sichtbar und an einem Ort zusammengebracht“, betont Oliver Forster, der Produzent und Veranstalter der Ausstellung. Er hat damit insofern Recht, dass ein Großteil Banksys Werke mittlerweile in Privatsammlungen verschwunden und der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich sind.
Obwohl sich in der Ausstellung keine Originale befinden, sind viele der Reproduktionen in Originalgröße angefertigt. Auch durch den immersiven und inszenierenden Charakter der Ausstellungsgestaltung wird das Gefühl verstärkt, man stehe vor dem Original. So werden die Werke Banksys, wie zum Beispiel „Kissing Coppers“ in Originalgröße auf einem Betongrund für die breite Öffentlichkeit erlebbar gemacht.

Es ist durchaus lobenswert, einem möglichst großen Publikum Zugang zu Banksys Kreativität und Schaffen zu ermöglichen. Anhand der verkauften Tickets ist offensichtlich, dass sich viele Menschen für ihn interessieren. Aber ist diese vom Veranstalter angesprochene Demokratisierung der Kunst für einen Eintrittspreis von 18 bis 20 Euro pro Person wirklich realisiert worden?
Was würde Banksy dazu sagen?
Trotz des berühmten Banksy-Satzes „Copyright is for Losers“, der aus seinem 2005 veröffentlichten Buch „Wall and Piece“ stammt, fragt man sich, was er zur „unauthorized“ Ausstellung sagen würde. Banksy weist auf seiner Homepage darauf hin, dass die aktuellen Ausstellungen zu seinem Wirken nicht einvernehmlich entstanden seien. Er beteuert: „Please treat them accordingly“. Aufgrund seiner Anonymität kann Banksy jedoch rechtlich nicht gegen Ausstellungen vorgehen. Hinzu kommt, dass Graffitis in Deutschland und vielen anderen Ländern nicht urheberrechtlich geschützt sind. Die Veranstalter:innen nutzen diesen rechtlichen Spielraum, um das Phänomen Banksy kommerziell zu vermarkten.
Fazit
Insgesamt bietet die Ausstellung „The Mystery of Banksy – A Genius Mind“ einen umfassenden Einblick in das Gesamtwerk Banksys. Die nachgebildeten Räume und Orte sowie die verschiedenen Medien, die Banksys kritische Botschaften zum Ausdruck bringen, tragen zur visuellen und inhaltlichen Wirkung der Ausstellung bei. Zudem bietet die Ausstellung einen gut gestalteten Katalog, der ausführlich über Banksys Laufbahn und seine Werke informiert. Ebenso ist ein per QR-Code abrufbarer Audio Guide vorhanden.
Letztendlich bleibt die Frage offen, wie Banksy selbst zu dieser „unauthorisierten“ Ausstellung stehen würde, doch sie regt zweifellos zu einer Reflexion über Kunst, Kommerz und die Rolle der Künstler:innen in der modernen Gesellschaft an.
Ausstellung „The Mystery of Banksy – ‚A Genius Mind'“ – Aufhof, Hannover, 21.10.23 – 25.2.24
weitere Station Ehem. Autohaus, Oskar-Jäger-Str. 99, Köln, 3.11.23 bis 26.5.24
Veranstalterin: COFO Exhibitions GmbH & Co. KG, Dr.-Emil-Brichta-Straße 9, 94036 Passau
Ausstellungsleitung: Manuel Schmitt
Art Director: Michael Buchner



















Dass Graffiti in Deutschland nicht urheberrechtlich geschützt sind, ist unwahr. Auch illegale Graffiti sind geschützt, da sie eigene geistige Schöpfungen mit einer gewissen Gestaltungshöhe sind. Die Vermarktung ist nicht rechtens. Da gibt es keine Einschränkung. Dieser Artikel ist eher eine Werbung als eine tatsächliche kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema aus Sicht der Künstler*innen
Wir haben die Karten Geschenk bekommen um die Ausstellung in Mannheim zu besuchen. Mit sehr gemischten Gefühlen werde ich dorthin gehen. Zum einen ist es interressant alle Werke zu sehen, zum anderen ist es ein „sakreleg“ alles aus dem Zusammenhang zu reißen und unauthorisiert vom Künstler provit zu machen. Ich hätte keine Karten gekauft…