Stillstand oder Bewegung? Frankfurts Mobilität im Museum – von Anna Pfarr

Frankfurt ist nicht nur die Stadt der Banken, sondern auch die Stadt der Pendler:innen. Täglich pendeln Hunderttausende in die Metropole. Konkret: Laut dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung wohnten im Jahr 2023 404.800 der in Frankfurt arbeitenden Menschen außerhalb der Stadt.1

Zum Vergleich: Es wohnten 2023 etwa 770.000 Menschen in Frankfurt. Dazu kommen außerdem Tourist:innen und Menschen auf der Durchreise. Wie bewegen sich diese Menschenmassen jeden Tag durch die Stadt? Die Ausstellung Bewegung! Frankfurt und die Mobilität im Historischen Museum Frankfurt will diese Dynamik einfangen, indem sie Mobilität in ihren gesellschaftlichen, historischen und künstlerischen Facetten beleuchtet.

Auch ich gehöre zu den 400.000 Pendler:innen. Seit einem halben Jahr arbeite ich in Frankfurt, und bin bereits von Beginn an mit Zugausfällen, Streckensperrungen und Streiks konfrontiert worden. Die Parksituation ist ebenso herausfordernd. Meine persönlichen Erfahrungen mit Frankfurter Mobilität waren dementsprechend vorbelastet. Die Ausstellung besuchte ich mit der Erwartung, mehr über die Geschichte der städtischen Mobilität zu erfahren, aber vor allem interessierten mich die aktuellen Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze für eine zuverlässigere und effizientere Verkehrsstruktur.

Zwischen Geschichte und Gegenwart: Ein Überblick

Foto: Anna Pfarr 2025.

Die Ausstellung gliedert sich in drei zentrale Themenbereiche: die historische Entwicklung der städtischen Mobilität, emotionale und subjektive Perspektiven auf Bewegung sowie künstlerische Auseinandersetzungen mit dem Thema. Eine große, orangefarbene Wand führt die Besucher:innen durch Frankfurts Mobilitätsgeschichte – von der Postkutsche über die ersten Trambahnen und Omnibusse bis hin zum Flughafen und der heutigen Debatte um eine fahrradfreundlichere Innenstadt. Regelmäßige Besucher:innen des Hauses erkennen hier hin und wieder eine Referenz an die frühere Sonderausstellung „Kleider in Bewegung“, die sich mit den Einschränkungen und Möglichkeiten weiblicher Mobilität im öffentlichen Raum befasste – ein gelungenes Detail.

Einweihung der U-Bahn, Festversammlung an der Hauptwache, Frankfurt am Main, 4.10.1968, Foto: Willy Keim (c) Historisches Museum Frankfurt

Die gezeigten Objekte reichen von historischen Zugtickets, alten Bahnsitzen, Laufrädern bis hin zu modernen E-Rollern und Lastenfahrrädern.

Laufmaschine nach Vorbild von Karl von Drais – ein Vorläufer des Fahrrads. Foto: TECHNOSEUM, Klaus Luginsland; (c) Historisches Museum Frankfurt

Ergänzt wird dies durch Diagramme, etwa zu den Einpendlerströmen (wenn auch aus dem Jahr 1961), sowie Fotografien wie die Besetzung des Fechenheimer Waldes 2021. Besonders gelungen sind die blau gekennzeichneten Kinderstationen: Eine davon lädt dazu ein, ein Brettspiel auf originalgetreuen Sitzbänken zu spielen, eine andere ermöglicht es jungen Besucher:innen, ihr eigenes Verkehrsmittel der Zukunft zu gestalten. Diese spielerischen Elemente machen die Ausstellung besonders zugänglich und abwechslungsreich.

Kinderstation, Foto: Anna Pfarr, 2025

Ein erster Eindruck: Offen oder unfertig?

Beim Betreten fällt zunächst auf, dass die Ausstellung vergleichsweise leer wirkt – besonders im Vergleich zu früheren Präsentationen des Hauses wie Frankfurt und der NS, die durch ihre Fülle an Themeninseln fast überfordernd war. Hier scheint man sich für eine großzügigere Gestaltung entschieden zu haben, die allerdings an manchen Stellen unfokussiert wirkt. Insbesondere die zahlreichen Kunstwerke scheinen teilweise eher den Raum zu füllen als thematisch tief verankert zu sein. Auch die inhaltliche Struktur hätte an einigen Stellen klarer ausfallen können. So stehen etwa die „Mobilitätskarrieren“ verschiedener Altersgruppen direkt neben einer Themeninsel zu „globaler Handelsgerechtigkeit und Bewegungsfreiheit“ – ein wichtiges Thema, das aber im Kontext der stadteigenen Bewegung unerwartet erscheint.

Forderung nach einem grüneren Frankfurt

Ein besonderer Fokus liegt auf dem Fahrrad – laut HMF der „heimliche Star der Ausstellung“ und dem Auto als negativer Gegenspieler. Eine künstlerische Installation verdeutlicht die immense Fläche, die Autos im städtischen Raum beanspruchen, und regt zur Reflexion über alternative Nutzungsmöglichkeiten an. Die unterschwellige Botschaft ist klar: Frankfurt soll (oder muss) grüner und autofreier werden. Obwohl diese Position begrüßenswert ist, hätte die Ausstellung an einigen Stellen noch informativer sein können. So fehlen aktuelle Statistiken zur Pendler:innenbewegung, Berichte aus der Perspektive von Beschäftigten im Transportwesen oder eine tiefere Auseinandersetzung mit den aktuellen Herausforderungen des ÖPNV in einer Stadt wie Frankfurt.

Fazit: Sehenswert, aber mit Potenzial nach oben

Bewegung! Frankfurt und die Mobilität ist eine Ausstellung mit klarem Anliegen: Sie zeigt die Entwicklung urbaner Mobilität und plädiert für eine nachhaltigere Stadtgestaltung. Dabei fehlt es jedoch stellenweise an inhaltlicher Tiefe und struktureller Klarheit. Wer sich für Mobilitätsgeschichte interessiert, wird hier dennoch fündig. Wer sich konkrete Lösungen für Frankfurts aktuelle Verkehrsprobleme erhofft, bleibt jedoch mit offenen Fragen zurück.

Historisches Museum Frankfurt, „Bewegung! Frankfurt und die Mobilität“, 21.11.2024 – 14. 9.2025

Kuratierung: Susanne Gesser, Nina Gorgus (Projektleitung), Victoria Asschenfeldt, Ilyas Chhima, Puneh Henning, Sarah Roller, Susanne Thimm
Gestaltung: Studio Rustemeyer, Karlsruhe (Thomas Rustemeyer, Lara Landbrecht)

  1. Vgl. Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung: Zahl der Pendlerinnen und Pendler gestiegen. 22.08.2024. Online verfügbar unter: https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/startseite/topmeldungen/pendeln-2023.html ↩︎

Hinterlasse einen Kommentar